Im Abseits
Beim Fussball wird ein Spiel sofort abgepfiffen, wenn sich einer oder sogar mehrere Spieler in Räumen befinden, die ihnen einen persönlichen Vorteil verschaffen könnten. Natürlich nur zum Wohle der Mannschaft oder des Teams, versteht sich. Alles reine Auslegungssache, denken Sie jetzt vielleicht. Aber nein, selbst das kleinste Foul wird videoüberwacht und kann bei Unstimmigkeiten abgerufen werden. Mit Argusaugen überwacht der neutrale Schiedsrichter die Fairness und Sportlichkeit des ausgetragenen Spiels. Sollte man meinen. Manche Menschen scheinen aber auf Fairplay und auf das Motto „Gemeinsam sind wir stark“ zu pfeifen. Ihr Werbebanner beginnt immer mit einem „Ich“ und endet stets auf dem Siegertreppchen. Mit dem zweiten Platz gibt man sich nicht zufrieden, winken doch an der Spitze zu viele Trophäen und Vergünstigungen. Auch die nach dem errungenen Sieg geführten Interviews sind zu schön, als dass man das Feld hier anderen überlassen möchte. Man ist verdammt wichtig! Das breite Grinsen einer wohlig aufsteigenden Genugtuung und damit verbundenen Selbstbestätigung wirkt unecht und selbstgefällig. Schon das Auflaufen aufs Spielfeld und die damit verbundenen Begeisterungsstürme des Publikums sind es wert, sich immer wieder in Szene zu setzen. Und auch die stille Bewunderung aus der Ferne weiß der Spieler für sich zu nutzen. Taktisch geschult durch jahrelanges Training wird der genaue Moment abgepasst, um sein Dribbling anzusetzen und den Volltreffer zu landen. Ganz einfach, ohne rote Karte! Und wieder ist man zum Spieler des Jahres oder Torschütze des Monats geworden. Grandios, der Spielervertrag wird verlängert! Das Spielerportfolio liest sich wie ein Bestsellerroman, der nach einer Fortsetzung schreit. Auch das gegenseitige Passspiel unter den Mitspielern sucht seinesgleichen. Der Ball wird zielgenau zum gewünschten Sparringspartner gekickt, der den Ball vorausahnend und gekonnt annimmt. Der Spielzug ist geglückt, man rückt vor, der Ball ist gedanklich schon eingenetzt. Wäre da nicht noch der ewig im Weg stehende Torwart, der das Sichtfeld versperrt und einfach die doch so wunderbar vorbereiteten Treffer das ein oder andere Mal vereitelt. Auch beim Elfmeterschießen geht mal der ein oder andere Ball verloren. Aber die Mannschaft verzeiht so manche Fehlschüsse, denn es zählt ja der Wille und Kampfgeist. Warum sollte man an einer Spieltaktik etwas verändern, wenn der Cheftrainer alles durchwinkt. Was bleibt? Die Abseitsfalle als Zufluchtsort der Auswechselspieler, die keinen festen Platz in der Mannschaft haben, aber trotzdem dazugehören. Spielen können sie alle, man muss sie nur lassen!
Marion Rothenbach, September 2022
Beim Fussball wird ein Spiel sofort abgepfiffen, wenn sich einer oder sogar mehrere Spieler in Räumen befinden, die ihnen einen persönlichen Vorteil verschaffen könnten. Natürlich nur zum Wohle der Mannschaft oder des Teams, versteht sich. Alles reine Auslegungssache, denken Sie jetzt vielleicht. Aber nein, selbst das kleinste Foul wird videoüberwacht und kann bei Unstimmigkeiten abgerufen werden. Mit Argusaugen überwacht der neutrale Schiedsrichter die Fairness und Sportlichkeit des ausgetragenen Spiels. Sollte man meinen. Manche Menschen scheinen aber auf Fairplay und auf das Motto „Gemeinsam sind wir stark“ zu pfeifen. Ihr Werbebanner beginnt immer mit einem „Ich“ und endet stets auf dem Siegertreppchen. Mit dem zweiten Platz gibt man sich nicht zufrieden, winken doch an der Spitze zu viele Trophäen und Vergünstigungen. Auch die nach dem errungenen Sieg geführten Interviews sind zu schön, als dass man das Feld hier anderen überlassen möchte. Man ist verdammt wichtig! Das breite Grinsen einer wohlig aufsteigenden Genugtuung und damit verbundenen Selbstbestätigung wirkt unecht und selbstgefällig. Schon das Auflaufen aufs Spielfeld und die damit verbundenen Begeisterungsstürme des Publikums sind es wert, sich immer wieder in Szene zu setzen. Und auch die stille Bewunderung aus der Ferne weiß der Spieler für sich zu nutzen. Taktisch geschult durch jahrelanges Training wird der genaue Moment abgepasst, um sein Dribbling anzusetzen und den Volltreffer zu landen. Ganz einfach, ohne rote Karte! Und wieder ist man zum Spieler des Jahres oder Torschütze des Monats geworden. Grandios, der Spielervertrag wird verlängert! Das Spielerportfolio liest sich wie ein Bestsellerroman, der nach einer Fortsetzung schreit. Auch das gegenseitige Passspiel unter den Mitspielern sucht seinesgleichen. Der Ball wird zielgenau zum gewünschten Sparringspartner gekickt, der den Ball vorausahnend und gekonnt annimmt. Der Spielzug ist geglückt, man rückt vor, der Ball ist gedanklich schon eingenetzt. Wäre da nicht noch der ewig im Weg stehende Torwart, der das Sichtfeld versperrt und einfach die doch so wunderbar vorbereiteten Treffer das ein oder andere Mal vereitelt. Auch beim Elfmeterschießen geht mal der ein oder andere Ball verloren. Aber die Mannschaft verzeiht so manche Fehlschüsse, denn es zählt ja der Wille und Kampfgeist. Warum sollte man an einer Spieltaktik etwas verändern, wenn der Cheftrainer alles durchwinkt. Was bleibt? Die Abseitsfalle als Zufluchtsort der Auswechselspieler, die keinen festen Platz in der Mannschaft haben, aber trotzdem dazugehören. Spielen können sie alle, man muss sie nur lassen!
Marion Rothenbach, September 2022